Weihnachten ist in jeder Hinsicht lange vorbei. Wegen einer Schwangerschaft oder der Geburt eines Kindes überglücklich zu sein ist heute keine Selbstverständlichkeit, vielmehr werden Schwangerschaft und Geburt immer häufiger als „problematisch“ dargestellt. Getrieben von dieser Geisteshaltung legten 234 Abgeordnete von SPD, Grünen, BSW und SSW im November 2024 einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vor, den sie gerne noch vor den Neuwahlen durchs Parlament gepeitscht hätten. Das konnten sie zwar nicht durchsetzen, das Thema ist aber damit nicht vom Bundestagstisch.
Worum geht es?
Seit 1992 bestimmt der § 218 des Strafgesetzbuchs, dass eine Abtreibung auf Verlangen (die also schlicht auf dem entsprechenden Wunsch der Mutter beruht) innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen (SSW) zwar rechtswidrig ist, aber straffrei bleibt, sofern die Schwangere an einer Beratung teilgenommen hat. Nach einer Vergewaltigung ist eine Abtreibung nach Beratung innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen rechtmäßig (kriminologische Indikation); falls die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren bedroht ist, nach Beratung sogar bis zum Beginn der Geburt (medizinische Indikation). De facto kann also eine Schwangere mit dem Verweis auf ihr psychisches Befinden bis zum Ende der Schwangerschaft rechtmäßig ihr ungeborenes Kind abtreiben lassen.
Das war den Initiatoren des neuen Gesetzentwurfs (Deutscher Bundestag Drucksache 20/13775, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs, hier nachzulesen; Zitate von dort.) jedoch nicht genug. Die aktuelle Rechtslage berücksichtige das Selbstbestimmungsrecht von Frauen – „genauer: aller Menschen, die schwanger werden können“ – nicht ausreichend, da die Rechtswidrigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen auf Verlangen und überhaupt die Behandlung der Abtreibung im Strafgesetzbuch Frauen (und abtreibende Ärzte) „stigmatisiere“. Das „Selbstbestimmungsrecht der Frau und der Schutz des ungeborenen Lebens [müssten] deutlich besser in Einklang“ gebracht werden. Beabsichtigt ist daher, zukünftig im Schwangerschaftskonfliktgesetz zu regeln, dass Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf SSW rechtmäßig sein sollen. Bei der kriminologischen Indikation soll die Frist für den Abbruch um drei Wochen verlängert werden, die Beratungspflicht soll entfallen. Die Regelung bei medizinischer Indikation soll bestehen bleiben wie bisher. Jede Abtreibung soll von den Krankenkassen bezahlt werden.

Sieht so besserer Einklang aus? – Gut, man könnte jetzt meinen, dass sich im Endeffekt ja nicht so viel ändern würde, eine Abtreibung ist auch jetzt schon einfach zu haben, und immerhin bleibt ja die Beratungspflicht. – Aber: Zum einen würde die geplante Regelung das Rechtsbewusstsein der Bundesbürger (darunter auch der Richter) verändern. Während viele jetzt nur unter Ausblendung der tatsächlichen Rechtslage das Gefühl haben, dass eine frühe Abtreibung irgendwie „ok“ ist, bekämen wir es in Zukunft schwarz auf weiß, dass es rechtens ist, ein ungeborenes Kind in den ersten 12 Schwangerschaftswochen im Mutterleib mit einem dünnen Saugrohr zu zerfetzen und abzusaugen.
Zum anderen steckt der Teufel im Detail. Zur obligatorischen Beratung vor einer Abtreibung heißt es bisher im Schwangerschaftskonfliktgesetz: „Die Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. … Dazu wird erwartet, dass die schwangere Frau der sie beratenden Person die Gründe mitteilt, derentwegen sie einen Abbruch der Schwangerschaft erwägt; der Beratungscharakter schließt aus, daß die Gesprächs- und Mitwirkungsbereitschaft der Frau erzwungen wird“ (SchKG 2, §5).
In Zukunft soll die ergebnisoffene Beratung „ermutigen und informieren, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und der Gesundheit und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau.“ Nur noch auf Wunsch der Schwangeren soll sie die Erörterung der Gründe für den erwägten Abbruch und der persönlichen Lebenssituation umfassen. Die bisher geltende Wartezeit von mindestens drei Tagen zwischen Beratung und Abtreibung soll entfallen. Sprich: Die Beratung soll gar keine echte Beratung sein, die die Frau noch zum Umdenken bewegt. Da eine Abtreibung voll in Ordnung ist, darf frau das Sprüchlein des Beraters auch stumm über sich ergehen lassen, den Beratungsschein bekommt sie sowieso.
Warum soll es unter diesen Umständen eigentlich nach 12 SSW mit der Rechtmäßigkeit der Abtreibung vorbei sein? Wer sagt uns denn, dass es dann demnächst nicht auch 16 oder 20 Wochen sein können? Der Verdacht liegt nahe, dass die Floskel „Schutz des ungeborenen Lebens“ (warum eigentlich nicht „des ungeborenen Kindes“) im Gesetzentwurf nur noch ein Feigenblatt ist, dass eigentlich das Rechtsempfinden der Bürger so lange abgestumpft werden soll, bis eine vollkommene Freigabe der Abtreibung als finale Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Frau salon- und mehrheitsfähig ist.
Unser Tipp: Wenn wir uns nicht dagegen wehren, dauert es nicht mehr lange, bis es so weit ist.
Die deutschen Bischöfe scheinen keinen besonderen Ehrgeiz darein zu setzen, sich für den Lebensschutz ins Zeug zu legen. Erzbischof Koch (Berlin), der Familienbischof der deutschen Bischofskonferenz, ist nicht der einzige, der das geltende Gesetz für einen „Kompromiss“ hält, der sich „bewährt“ habe (s. z. B. Kirche und Leben, Abtreibung: Wackelt Paragraf 218?) Man würde doch gerne wissen, wo da für das ungeborene Kind der Kompromiss ist.
Daraus folgt: Wenn ich zu einem Mentalitätswechsel in meinem Land beitragen will, muss ich selbst handeln, zum einen durch mein offenes Zeugnis Verwandten, Freunden, Arbeitskollegen, Vereinskameraden etc. gegenüber für die ungeborenen Kinder – und für die Schwangeren, die von uns als Gesellschaft nicht die Beihilfe zur Tötung ihres Kindes brauchen, sondern unsere Unterstützung.
Gegen den Gesetzentwurf hilft jetzt kurzfristig vielleicht noch eine Petition von 1000plus. 1000plus ist eine private, gemeinnützige Organisation, die rein spendenfinanziert Beratung und Hilfe für Frauen und Familien im Schwangerschaftskonflikt betreibt, fördert und finanziert (inzwischen 250.000 Beratungen pro Jahr). Die Petition ist sehr differenziert und anwendungsorientiert, das Ergebnis von jahrelanger Erfahrung in der Beratung und Hilfe für Frauen in Bedrängnis. Informieren Sie sich hier selbst! Kommenden Montag, den 10. Febraur, wird Kristija Aufiero, der Geschäftsführer von 1000plus, als einer von elf Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags von den Abgeordneten befragt werden. (Informieren Sie sich dazu auch gerne in Elf Ratgeber zu Leben und Tod!)
Die Bundestagswahlen stehen kurz bevor, Politiker wissen, dass auch Lebensschützer Wähler sind. Machen wir ihnen klar, was wir wollen: Jedes getötete ungeborene Kind ist eines zu viel! Leiten Sie den Link der 1000plus-Petition oder diesen Newsletter an alle weiter, die Ihnen einfallen! Jede Stimme zählt.
Ihr Team von Christus in die Mitte
Foto: Maria Oswalt via unsplash